Wort des Tages – Fragen über Fragen

Wort des Tages – Fragen über Fragen

In letzter Zeit werde ich mit vielen Fragen konfrontiert:

–          Eine Frau erzählt mir, was sie in den letzten Jahren mit ihrem Mann für einen Leidensweg ging! Es ging vor allem um die Schwierigkeiten und sinnlosen, die psychische und körperliche Gesundheit schädigenden Einschränkungen beim Besuchsrecht.  Ein ganzes Buch könnte diese Frau darüber schreiben.

–          Ein Mann von auswärts erzählt mir, wie seine Frau mit Corona ins Krankenhaus kam. Niemand durfte zu ihr, dann ist sie gestorben. Der Mann konnte noch die Leiche sehen und war tief betroffen. Er hatte beim Antlitz seiner Frau den Eindruck: „Die ist allein erstickt!“ 

–          Eine Mutter sagt mir, sie hat schlaflose Nächte, wenn jetzt die Schule beginnt, der Testwahnsinn, die Maskenschikane und am meisten fürchtet sie den Impfdruck auf ihre Kinder.

–          Ein Familienvater klagt mir, man muss als Vater Angst haben, dass die Kinder eines Tages nach Hause kommen und sagen: Du Papa, jetzt bin ich geimpft!

–          Wieder jemand sagt mir: Ich habe den Eindruck, dass die Gesellschaft gezielt gespalten wird, gezielt wird der Druck auf Nichtgeimpfte erhöht und deren Ausgrenzung forciert! Die Spaltung geht quer durch die Familien und wird immer unerträglicher!

–          Dann bekam ich einen Anruf und jemand sagt mir: Wenn im Stephansdom geimpft wird, dann trete ich aus der Kirche aus!

Was sagt die Kirche, der Pfarrer, was sagst Du?

Also: Fragen über Fragen: Dazu kommen dann noch andere Fragen: Was sagt denn die Kirche dazu? Viele sagen, warum sagt die Kirche zu diesem oder jenem nichts? Wenn jemand etwas sagt, dann heißt es: Warum mischt sich die Kirche da ein und sagt etwas? Diese Fragen betreffen aber auch mich. Wo soll ich als Pfarrer etwas sagen, wo ist es vielleicht meine Pflicht, etwas zu sagen, wo würde ich mich schuldig machen, wenn ich nichts sage und einfach schweige, wo darf ich keine offizielle Meinung abgeben? Und diese Frage stellt sich eigentlich für jeden Christen. Was sagt der Christ zu dieser oder jener Frage? Ist nicht gerade der Christ heute gefragt!!!

Dabei geht es wirklich nicht um einfache Dinge. Wo soll, wo darf, wo muss die Kirche etwas sagen? Es gibt Bereiche, da hat die Kirche nichts zu sagen, wobei natürlich jeder Katholik, auch ein Pfarrer, zu diesen Fragen eine private Meinung haben kann. Und es gibt Dinge, da muss die Kirche etwas sagen. Wenn es z. B. um den Schutz des Lebens geht, wenn es um die Freiheit des Menschen geht, wenn es um die Gerechtigkeit geht, wenn es um den Schutz von Minderheiten und Ausgegrenzten geht und vieles mehr.

 Dann – und das ist auch sehr bedeutsam – gibt es Bereiche, wo Katholiken legitimerweise unterschiedlicher Auffassung sein können. Dies hat das II. Vatikanische Konzil besonders betont. Es gibt sogenannte autonome Sachbereiche. Dort soll und darf die Kirche nicht offiziell Position beziehen. Dort muss die Vielfalt der Meinungen vor klerikalistischen Vereinnahmungen geschützt werden. Hier wird es sehr schwierig, weil es natürlich Grenzbereiche gibt, wo dies nicht so einfach von vorneherein einsehbar ist.

Wenn es z. B. um die Beurteilung eines Impfstoffes geht, dann ist dies zunächst eine medizinische oder wissenschaftliche Frage. Ich habe von der UNI Wien ein solches Gutachten, das sehr aufschlussreich ist, aber leider in den Medien kaum aufgegriffen wurde. In diesem Punkt orientiere ich mich daher an diesen Fachleuten oder z. B. an meinem Mitbruder Ambros Aichhorn, der Biologe ist und sich intensiv mit diesen Fragen beschäftigt. Wenn jetzt z. B. Experten sagen: Es gibt keine Langzeitprüfung, es gibt die Gefahr von unmittelbaren aber auch späteren Nebenwirkungen, dann wird diese Frage eine moralische. Darf ich meine Gesundheit oder sogar mein Leben riskieren, nur um in einem einzigen Punkt vielleicht mehr Sicherheit zu haben? Und noch mehr: Darf ich von anderen fordern, es mir gleich tun zu müssen? Als ich einmal zum Thema Impfung vernünftige Überlegungen anstellte für eine verantwortbare Entscheidung, da kam ich in Konflikt mit Vorgesetzten, weil sich Impfpropagandisten beschwert hatten. Ich habe Kritikern gesagt, dass ich hier eigentlich ein Mann der Mitte bin.

Manche kirchlichen Akteure vertreten in dieser Frage unreflektiert eine Pro-, andere eine Kontraposition. Dabei wäre es wichtig, auf der Vernunftebene den Dingen zuerst auf den Grund zu gehen, um dann sorgfältig abwägen zu können. Wenn man verantwortlich entscheiden will, dann muss man möglichst viele Meinungen von Fachleuten hören und vor allem auch kritisch sein. Wenn man Maßnahmen bzw. Einschränkungen erlässt, dann sollten diese ausführlich begründet werden und man sollte die Informationsquellen transparent machen. Die Kirche sollte einen Raum für einen wirklichen Dialog in diesen Fragen sein. Die unreflektierte Berufung auf die Nächstenliebe oder die Dämonisierung des Andersdenkenden als Verschwörungstheoretiker tragen nicht zur Wahrheitsfindung bei.

Wo sind die Propheten?

In der Geschichte gab es immer wieder Situationen, wo ganze Völker Irrwege beschritten haben mit dramatischen Konsequenzen.  In solchen Situationen gab es meistens einige wenige Leute, Propheten, die trotz der massiv herrschenden Meinung aufgestanden sind und mutig dagegen auftraten und oft dafür verfolgt wurden. Und dann gab es eben die vielen Mitläufer. Der Apostel Paulus sagt im Korintherbrief: Der geistliche Mensch aber beurteilt alles. Wenn jemand glaubt, dann kann er Dinge von einer höheren Warte aus betrachten und er ist in vielen Dingen urteilsfähiger. Deswegen hat die Kirche, aber irgendwie auch jeder Christ ein prophetisches Amt. Weil wir nicht von dieser Welt sind und ein höheres Ziel haben, sind wir weniger befangen und könnten tiefer blicken. Deswegen lastet auf Vertretern der Kirche, letztlich auf jedem Christen eine besondere Verantwortung.

Oft hört man Leute urteilend sagen: Wie konnte es denn sein, dass vor 70 Jahren so viele Menschen einfach mitgelaufen sind und mitgetan haben? Ich habe diese Zeit ausführlich studiert (Dissertation) und bin da mit dem Urteilen immer sehr vorsichtig, weil ich mich in die Lage der Menschen damals hineinzuversetzen versuche und weil ich nicht weiß, ob ich diesen Mut gehabt hätte. Ich denke mir oft: Je leichtfertiger Leute über die Vergangenheit urteilen, desto blinder sind sie für die Gegenwart. Je mehr Verständnis und Empathie manche für die Vorfahren haben, desto wacher sind sie für die Gefahren der Gegenwart. Je weniger sie richten, desto mutiger sind sie in der Gegenwart.

In der letzten Zeit gab es Freiheitseinschränkungen wie kaum jemals zuvor, es gab im kirchlichen Leben nie gekannte Einschränkungen, in vielen Bereichen wurde – mittlerweile sogar durch Gerichte festgestellt – das Recht gebeugt. Gegenwärtig nimmt der Druck auf Nichtgeimpfte in beängstigendem Ausmaß (Hetze) zu. Die gemachte Spaltung in der Bevölkerung wird vertieft.

Und jetzt kommt etwas auf uns zu, dass jeden Christen zum Nachdenken anregen muss. Die groß angelegte, medial auf- und vorbereitete Durchimpfung der Kinder. Ich werde in letzter Zeit immer unruhiger, das Gewissen plagt mich. Ich denke mir: Schlittern wir da jetzt nicht in etwas hinein, wo auch wir später einmal gefragt werden: Wie konnte das geschehen, wieso haben so viele mitgetan, wieso hat niemand etwas gesagt? Ich werde von Tag zu Tag angespannter und denke: Muss ich jetzt nicht etwas sagen?

Jetzt fällt mir spontan ein:  Ich werde heute dem Erzbischof ein Mail schreiben und ihn bitten, dass er etwas sagt. Er ist unser Hirte und in erster Linie zuständig, sein Wort hat viel mehr Gewicht als meines. Wenn er dieser Bitte nicht nachkommt, dann werdet ihr bald von mir hören, allerdings ist es nur die Stimme eines kleinen Landpfarrers!

Euer Ignaz Steinwender