Wort des Tages – Bei Gott ist die Fülle!

Wort des Tages – Bei Gott ist die Fülle!

Ihr alle kennt das Evangelium von der Brotvermehrung (Joh 6,9), das wir am letzten Sonntag gehört haben. Jesus speist 5000 Männer mit fünf Broten und zwei Fischen, und es blieben noch zwölf Körbe davon übrig.

Dieses Evangelium zeigt uns: Bei Gott ist die Fülle. Das heißt auch: Wer Gott ehrt, wer Gott in seinem Leben aufnimmt, der hat Anteil an der Fülle, die in den zwölf übriggebliebenen Körben symbolisch zum Ausdruck kommt. Ohne Gott geschieht auf Dauer das Gegenteil, Verlust, Minderung, letztlich der Abfall ins Nichts, wir könnten auch sagen der Weg des Lockdowns, auch wenn er noch so gut gemeint sein mag.

Die Gebote helfen uns, zur Fülle Gottes Zugang zu finden. Natürlich ist das erste Gebot maßgeblich. Wer Gott allein anbetet, verehrt, der ist selig zu preisen. Aber auch das vierte Gebot ist maßgeblich. Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass du lange lebest auf Erden. Das vierte Gebot ist ein geistiges Gesetz, das geradezu logisch klingt. Wer Vater und Mutter ehrt, der ehrt damit seinen eigenen Ursprung, d. h. auch sich selbst. Wer Vater und Mutter ehrt, ehrt damit auch indirekt den tieferen Ursprung, nämlich Gott.

Gott will die Fülle, nicht den Lockdown

Ich habe einmal auf unserer Homepage geschrieben, dass der Lockdown, der im Zuge der Coronakrise verhängt wurde, ein schweres Unrecht ist, die größte Verletzung des vierten Gebotes. Dies ist auch der Fall, falls manche es gut gemeint haben. Was die Eltern und Großeltern unter großen Entbehrungen in Jahrzehnten aufgebaut haben, dass wird in wenigen Monaten aufs Spiel gesetzt, wegen der Fokussierung auf einen Virus, dessen Gefährlichkeit für den Großteil der Bevölkerung sich kaum von einer Grippe unterscheidet.

Ich habe oft darüber nachgedacht, wie es möglich ist, dass es Leute gibt, die von höchster Stelle aus so etwas anordnen. Wie ist es möglich, dass die gesamte Oberschicht in Politik, Kultur, Bildungswesen, Wissenschaft und sogar in der Kirche blind, hörig und ohne zu denken da mitgemacht hat? Was ist da in der Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten passiert? Irgendwie hängt es auch mit dem 4. Gebot zusammen.

Das vierte Gebot:

Ich habe schon öfters Situationen erlebt, wo Menschen zu einem Psychologen oder Lebensberater gehen und dabei vom Regen in die Traufe kommen. Sie sagen ihm ihre Probleme, der Psychologe forscht in der Vergangenheit nach bis zur Kindheit. Und dann endeckten sie plötzlich, was die Eltern und womöglich auch die Großeltern alles falsch gemacht haben. Dabei gerät aus dem Blick, dass nun einmal alle Menschen Fehler machen – zugegebenermaßen manchmal auch mit dramatischen Wirkungen. Aber was dann oft geschieht, ist nicht hilfreich, sondern sogar verhängnisvoll. Der Psychologe macht die jetzige Situation des Klienten fast ausschließlich an den Fehlern der Eltern oder Großeltern fest. Er übersieht die Fehler seiner Klienten, leugnet auch, dass man über viele Dinge auch hinwegkommen kann und nimmt dem Klienten die Chance, wieder seines Glückes Schmied zu werden. Die Klienten steigern sich nun in die Fehler der Eltern hinein, werden stolz, blind für die eigenen Fehler und verlieren die Freiheit, jetzt in der Gegenwart richtig zu handeln, weil sie die Schuld für ihre Situation den Vorfahren geben. Sie haben keine Achtung vor den Eltern, verlieren die Dankbarkeit und merken nicht, dass sie damit den eigenen Grund, auf dem sie stehen, verlieren. Der Stolz führt zur geistigen Erblindung und kann dann sehr schnell zum Verlust der Selbstachtung und schließlich auch zur Verzweiflung. Anstatt das Erbe der Väter durch eigene Mühen zu erwerben, wird dieses Erbe verprasst, am Ende steht die Not wie beim verlorenen Sohn im Evangelium.

Der gute Psychologe und Lebensberater handelt ganz anders. Er hilft dem Patienten, die eigenen Fehler zu sehen und besonders auch das Gute, das er erfahren hat. Dadurch weckt er in ihm die Dankbarkeit, die Achtung vor den Eltern und auch die Demut, die letztlich zur positiven Selbstannahme, zur Selbstachtung führt. Dies hilft dem Patienten, die innere Freiheit zu verstärken und über Probleme hinwegzukommen. Der gute Psychologe macht weniger Geschäft, weil er bald überflüssig wird.

Dieses Phänomen gibt es auch gesellschaftspolitisch. Es gibt heute den Trend, dass viele Leute genau zu wissen scheinen, was die Generationen vor uns falsch gemacht haben. Die ganze Geschichte und insbesondere die Kirchengeschichte wird wie eine negative Skandalgeschichte gesehen. Viele halbgebildete Leute glauben, sie könnten die ganze Geschichte beurteilen und wir seien jetzt gescheiter und besser als die Vorfahren. Dieser Hochmut führt zum Verlust der Selbstachtung und zum Verlust Gottes und der geistlichen Güter. Dieser Fortschrittsglaube führt zu geistiger Blindheit und zum Verlust der Achtung, der Achtung Gottes, der Achtung der Vorfahren aber letztlich auch der Selbstachtung (abendländischer Selbsthass). Das Recht auf Beihilfe zum Suizid, das jüngst proklamiert wurde, ist ein sichtbarer Ausdruck, dass Europa selbst dabei ist, Suizid zu begehen.

Kommt ein neuer Lockdown?

Viele Leute fürchten, dass ein neuer Lockdown kommt. Dieser scheint nicht zu kommen wie ein Schicksal, sondern er wird gemacht. Viele Anzeichen, Nachrichten, das Jonglieren mit Zahlen, sprechen dafür, dass an einem neuen Lockdown gearbeitet wird. Ein weiterer Lockdown wäre eine große Katastrophe für die gesamte Wirtschaft, die Kultur, das soziale Leben, es würde unseren Lebensnerv ganz treffen.

Könnte man einen Lockdown verhindern? Politisch gesehen dann, wenn in vielen Menschen die Selbstachtung und damit verbunden der Wille zur Freiheit erwachen würde. Wenn wir einen Funken vom Freiheitswillen und der Opferbereitschaft hätten, wie dies unsere Vorfahren – gestärkt durch die Herz-Jesu-Verehrung– hatten, dann würde jeder Versuch, einen Lockdown zu machen, sofort scheitern. Geistlich gesehen könnte ein Lockdown verhindert werden durch eine wirkliche Umkehr zu Gott, zum ersten und den folgenden Geboten.

Jesus zieht sich zurück!

Im auf die Brotvermehrung folgenden Sonntagsevangelium heißt es, dass Jesus, als er merkte, dass Leute ihn nach dem Brotwunder in ihre Gewalt bringen und zum König machen wollten, sich zurückzog auf einen Berg, er allein. Jesus wollte mit seinem Wunder auch die geistige Sehnsucht der Menschen nach der Fülle des Reiches Gottes wecken. Später sagte er: Suchet zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch dazugegeben. Umgekehrt könnte man schließen: Wenn ihr nur das Irdische sucht, wird euch auch das noch weggenommen!

Einladung zur Fülle bei Gott

Irgendwie könnten wir die jetzige Situation im Lichte des Rückzuges Jesu betrachten. Wir haben in den letzten Jahrzehnten einen gigantischen wirtschaftlichen und materiellen Fortschritt gemacht, vor allem auf der Grundlage christlicher Grundwerte. In diesem Aufschwung wurde jedoch immer mehr auf den geistlichen Reichtum vergessen. Jesus zog sich immer mehr zurück oder wir haben ihn einfach ignoriert. Der materielle Reichtum wurde immer größer, der geistige begann zu Schwinden.

Und jetzt stehen wir vor der großen Alternative. Wird sich der Herr zurückziehen? Wenn ja, dann werden wir abstürzen- auch materiell.

Jetzt ist es die Aufgabe der Kirche zu zeigen: Ist sie (noch) Zeichen und Werkzeug der Vereinigung mit Gott? Dann muss sie alles daran setzten, dass der Herr in unserer Mitte bleibt.

Wenn wir jetzt Christus treu bleiben, dann wind wir in der geistlichen Fülle und das Irdische wird uns dazugegeben. Wenn wir jedoch Sein Licht, das Licht der Kirche (Sakramente, Heilsmittel etc.) unter den Scheffel stellen, dann gehen wir dem Nichts entgegen.

Der Junge im Evangelium bei der Brotvermehrung hatte fünf Brote und zwei Fische. Diese genügten oder waren sogar ausschlaggebend für das Brotwunder. Jeder von uns kann in dieser Situation dieser Junge sein. Fragen wir nicht, was nützt es, wenn ich … Tun wir das, was Gott jetzt von uns erwartet. Tun wir jetzt großzügig das, was wir können. Dann wird er Wunder wirken!

Euer Seelsorger Ignaz Steinwender