Bau- und Wallfahrtsgeschichte
Oberhalb von Zell am Ziller befindet sich auf dem Gebiet der Gemeinde Hainzenberg im ehemaligen Goldbergbaurevier die Kirche Maria Rast. Diese liegt nahe der Gerlos-Passtraße, die vom Zillertal in den Pinzgau führt. Hier eine kurze Geschichte der Entstehung dieser meistbesuchtesten Gnadenstätte im Zillertal.
Schon um 1300 soll neben einer Raststation auf dem Hainzenberg eine kleine Kapelle gestanden sein. Sicher ist, dass sich im späten Mittelalter auf dem Weg zum Gerlospass nach der ersten Steilstufe eine gotische Kapelle befand, die von Einheimischen und Reisenden als geistliche „Tank– und Raststelle“ aufgesucht wurde.
1658 erhielt der Dekan von Zell am Ziller, Christoph Balthasar Merl, vom erzbischöflichen Consistorium Salzburg die Erlaubnis, zu Ehren unserer Lieben Frau eine Kapelle auf dem Hainzenberg zu bauen. Im Jahre 1659 wurde dann diese Kapelle errichtet. Er ist so der Begründer der Wallfahrt „Maria Rast“ am Hainzenberg.
Anderen Überlieferungen zufolge wird Maria Rast als “Knappenkapelle“ bezeichnet, die von den Bergleuten des Goldbergwerkes am Hainzenberg gestiftet wurde. Das darin aufgestellte Gnadenbild soll eine Bauersfrau in einer Esche gefunden haben. Die Bergknappen wussten um ihre gefahrvolle Arbeit, daher gingen sie immer wieder in dieses Kirchlein, wo sie sich im vertrauensvollen Gebet an die Gottesmutter wendeten.
Zusehens entwickelte sich der Ort zu einer vielbesuchten Wallfahrtsstätte. Wegen des großen Zustroms von Pilgern erwies sich das Gotteshaus bald als zu klein, deshalb mussten die Predigten an das Volk oft im Freien von einer steinernen Kanzel herab gehalten werden. Die neue größere Kapelle sollte neben dem alten Heiligtum entstehen, doch dazu kam es nicht.
Der Legende nach verletzte sich einer der Zimmererleute bei der Arbeit. Herbeifliegende Tauben trugen die blutigen Holzspäne vom “Flörl-moos“, dem alten Standort (jetzt Schnitzerei Burgstaller) weg zum Felsenrand über dem damaligen Goldbergwerk. Das ungewöhnliche Verhalten der Tauben hielt man für ein Zeichen des Himmels und begann nun, an dieser Stelle die neue heutige Wallfahrtskirche zu errichten.
Das Innere des Marienheiligtums
Über dem Eingangstor der Wallfahrtskirche Maria Rast sieht der ankommende Pilger eine Muttergottesstatue, die Maria als die Immaculata darstellt.
Beim Eintritt in die Kirche wird der Blick sofort auf den sehr aufwendig gearbeiteten Rokokohochaltar mit dem Gnadenbild unserer lieben Frau von Maria Rast gelenkt, der 1748 vom Innsbrucker Bildhauer Stefan Föger angefertigt und 1756 vom Salzburger Erzbischof Sigismund Graf Schrattenbach feierlich eingeweiht wurde. Beim Gnadenbild, das 1739 in die jetzige Kirche übertragen wurde, handelt es sich um eine geschnitzte, mit Kleid und Mantel bekleidete Muttergottesstatue mit Jesuskind. Das Gewand des Gnadenbildes in den Farben weiß, goldgelb und violett wird passend zu den jeweiligen kirchlichen Festen gewechselt. Flankiert wird der Hochaltar vom Hl. Johannes Nepomuk, dem Hl. Erasmus sowie von acht Engeln.
Mit dem Hochaltar wurden auch die beiden Seitenaltäre eingeweiht. Der linke Seitenaltar ist dem Hl. Josefgeweiht und zeigt das Bildnis des Hl. Josef im Sterbebett sowie rechts und links davon die Statuen des Hl. Johannes des Täufers und des Evangelisten Johannes. Der rechte Seitenaltar ist der Hl. Notburga geweiht, die in der Nähe des Zillertales, in Eben am Achensee begraben ist und in Tirol besondere Verehrung genießt. Rechts und links daneben befinden sich die Statuen der Hl. Katharina von Alexandrien und der Hl. Barbara, einer Schutzheiligen des Bergbaues.
Zwischen dem Hochaltar und dem rechten Seitenaltar ist die sehr schön gearbeitete Kanzel angebracht. Unmittelbar daneben steht die Statue des Hl. Blasius. Eine besondere Darstellung, welche zwischen dem Hoch- und dem linken Seitenaltar zu sehen ist, ist der sogenannte „Schmerzensmann“ – eine Abbildung des „leidenden Heilands von der Wies“, die im Jahre 1752 aufgestellt wurde.
Zwischen dem leidenden Heiland und dem Seitenaltar befindet sich eine Statue des Hl. Christophorus.
Die fünf bemalten Kirchenfenster zeigen den Besuch Mariens bei Elisabeth, den Heiligen Aloisius mit Muttergottes und Jesuskind, die Kreuzigung sowie Johannes den Täufer und den Heiligen Jakobus. Entlang des Kircheninneren sind die 14 Kreuzwegstationen dargestellt.
Sehr eindrucksvoll ist das Deckengemälde, das Josef Michael Schmutzer aus Wessobrunn im Jahre 1741 schuf. Es enthält vier Ereignisse aus dem Leben Mariens, den Besuch Marias bei Elisabeth, die Anbetung der Hirten in Betlehem, die Aufopferung Marias im Tempel sowie die Huldigung durch die drei Weisen aus dem Morgenland.
Über dem Hochaltar und der Empore ist die Aufnahme Mariens in den Himmel dargestellt.
Bei den Zwickeldarstellungen handelt es sich um die Szenen der Vermählung von Maria und Josef, der Verkündigung, der Darstellung Jesu im Tempel und die Flucht nach Ägypten.
Auf der Brüstung der Empore wird in einem Bild die feierliche Einweihung der Wallfahrtskirche Maria Rast illustriert.
In der Weihnachtszeit und der nachweihnachtlichen Zeit wird die jüngst renovierte und um die Darstellungen des Besuchs der drei Weisen, der Aufopferung Jesu im Tempel, des 12jährigen Jesus im Tempel sowie der Hochzeit zu Kana erweiterten Weihnachtskrippe aufgestellt.
Einige der angeführten Statuen sind Nachbildungen, da die Originale im Jahre 1973 gestohlen wurden.
Das Heiligtum Maria Rast soll den Menschen anregen, in der Hektik und Unrast des Alltags, sowie in allen inneren seelischen Nöten bei Maria jene innere Ruhe und den Frieden zu finden, den die Welt nicht geben kann. Dornauer Christian
Geistliches Leben heute
Geistliches Leben heute
Die Marienkirche Maria Rast hat einerseits eine besondere Bedeutung im geistlichen Leben der Pfarre Zell am Ziller und ist zugleich natürlich für viele Wallfahrer von auswärts ein beliebtes Pilgerziel.
Fester Bestandteil ist in Maria Rast die Marienverehrung an Samstagen.Jeweils um 08.00 Uhr wird samstags eine Heilige Messe gefeiert, die von vielen Gläubigen mitgefeiert wird. Seit dem Rosenkranzjahr (2003) wird jeden Mittwoch um 19.00 Uhr ein Rosenkranz gebetet.
Am „Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit“ (früher weißer Sonntag) gibt es seit einigen Jahren die wiedereingeführte Glaubensprozession, die von der Pfarrkirche über die Bundesstraße nach Maria Rast führt. An den Sonntagen im Mai werden nachmittags Maiandachten gefeiert. Darüber hinaus wird die Wallfahrtskirche auch oft als Ort für Trauungen gewählt.
Besondere Festzeiten in Maria Rast sind aber zweifellos das Patrozinium „Maria Heimsuchung“ am 2. Juli sowie die „Goldenen Samstage“. Diese werden an den ersten drei Samstagen nach dem Erzengel Michael-Fest (29. September) mit jeweils drei Heiligen Messen (04.00, 05.00 und 08.00 Uhr) festlich begangen. Zahlreiche Gläubige auch aus den umliegenden Pfarren feiern diese goldenen Samstag mit. An diesen Tagen wird auch das Bußsakrament ab 03.30 Uhr und während der Messen gespendet.
Zu erwähnen ist auch noch der Kreuzweg, der von Zell am Ziller über einen Fußweg zur Wallfahrtskirche führt. Neben den 14 Kreuzwegstationen befindet sich entlang des Weges auch eine „Lourdesgrotte“, eine Nachbildung der Muttergottes aus dem bekannten Wallfahrtsort Lourdes. Im oberen Teil des Weges findet man eine „Ölbergdarstellung“ aus der Leidensgeschichte Jesu. In der Fastenzeit wird an den Freitagen jeweils um 15.00 Uhr ein Kinderkreuzweg gebetet.
Das Heiligtum Maria Rast ist aber auch in besonderer Weise eine Zufluchtsstätte und ein Pilgerziel für viele Wallfahrer aus der näheren wie auch aus der weiteren Umgebung. Viele einzelne Personen aber auch Pilgergruppen kommen nach Maria Rast, um hier bei der Gottesmutter Trost, Hilfe, Stärkung und Ruhe zu finden. Friedrich Dornauer
Mesnerhaus
Das Mesnerhaus, ein Ort geistlicher Begegnung
Weltkirche in Maria Rast
Da die neue Mesnerfamilie in Maria Rast ein eigenes Haus in der Nähe besitzt, stellten wir im Pfarrkirchenrat Überlegungen für die Weiterverwendung des Mesnerhauses an, wobei immer eine geistliche Zielsetzung im Vordergrund stand. Da die Ansiedlung einer geistlichen Gemeinschaft nicht realisierbar war, entschlossen wir uns, das Mesnerhaus für geistliche Gruppen zu adaptieren, um es gegen einen geringen Heizkostenbeitrag zu vermieten.
So wurde das Mesnerhaus mit 16 Stockbetten versehen und die Küche adaptiert, sodass es geeignet ist für Jugendgruppen, die hier einige Tage verbringen können mit Exerzitien, Einkehrtagen etc. eventuell auch in Verbindung mit sportlicher Betätigung wie Schifahren im Winter oder Bergsteigen im Sommer. Diese Lösung hat sich seit gut zwei Jahren bestens bewährt und es ergeben sich dabei folgende positive Aspekte:
Die Pfarre Zell leistet durch dieses sehr günstige Angebot einen Beitrag zur Förderung junger Bewegungen, die oft wenig materielle Mittel haben aber einen geistlichen Aufschwung verzeichnen.
Die Anwesenheit von jungen Gruppen und deren spirituelle Tätigkeiten bringt der Pfarre Segen und geistliche Impulse.
Es ergeben sich dadurch manche Begegnungsmöglichkeiten sowie Aushilfen von Priestern. Kirche wird auf diese Weise als Weltkirche erlebbar.
Ein positiver Nebeneffekt: Viele junge Menschen lernen oft erstmals das schöne Zillertal kennen.
In den letzen Jahren haben besonders in den Wintermonaten viele verschiedene Gruppen aus Österreich, Deutschland und auch aus Tschechien von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Derzeit studiert in Prag ein junger Mann Theologie, dessen Berufung auch in Maria Rast gewachsen ist.
In Maria Rast und an einigen anderen Orten im Alpenraum werden alljährlich die „goldenen Samstage“, die drei Samstage nach dem Erzengel Michael-Fest (29. September) gefeiert. Als Ursprünge werden in der Literatur u. a. ein Gelübde von Kaiser Ferdinand III. (1636-1657) sowie eine Begebenheit mit einem Taglöhner, der für das Halten des Feierabends einen Goldfund machte, angeführt.
Fromme Gläubige haben diese Samstage durch die Glaubenspraxis besonders geheiligt, sodass sie goldenen Wert erlangten. Besondere Bedeutung wurde diesen Tagen von den Almleuten beigemessen, die um diese Zeit wieder ins Tal kamen und erstmals wieder die Sakramente der Buße und des Altares empfangen konnten. Die goldenen Samstage werden zumeist mit dem Almabtrieb, Erntedank, Schluss des bäuerlichen Arbeitsjahres und mit besonderem Totengedenken verbunden. Maria, die an Samstagen besonders verehrt wird, gilt als mächtigste Sterbepatronin.
Ein Andachtsbüchlein des fürsterzbischöflichen Ordinariates Brixen vom Jahre 1909 sieht folgende Gebetsanliegen für die Feier der drei „goldenen Samstagnächte“ vor:
– In der ersten Nacht verehren wir Maria in Vereinigung mit dem heiligen Erzengel Michael als die Tochter des himmlischen Vaters und bitten sie als solche um die Erwirkung des Goldstücks der heiligen Liebe Gottes, in welcher wir zu leben und sterben verlangen.
– In der zweiten Nacht verehren wir Maria als die jungfräuliche Mutter Jesu … und bitten sie als solche um die Erwirkung des Goldstückes der Liebe des Nächsten, gleich wie Jesus Christus … Uns alle bis zum Tode am Kreuz geliebt hat.
– n der dritten Nacht verehren wir Maria als die Braut des heiligen Geistes und bitten sie als solche um die Erwirkung des Goldstücks der christlichen Liebe zu uns selbst, gleich wie sie selbst vom heiligen Geist erfüllet, stets ein unbefleckter und reiner Tempel Gottes war.
Gerade in der gegenwärtigen Zeit, die von vielen Ungewissheiten und problematischen Entwicklungen geprägt ist, können wir die goldenen Samstage als wahre Gelegenheiten betrachten, umzukehren, wieder mit neuer Kraft das Glaubensleben zu entfachen und sich neu auf das Abenteuer der Gottes–, Nächsten– und wahren Selbstliebe einzulassen.
Das II. Vat. Konzil erinnert uns daran, dass alle Gläubigen zur Heiligkeit berufen sind. Mögen die goldenen Samstage ein besonderer Anlass sein, diesen Ruf wieder neu zu hören und ihm zu folgen. Dekan Ignaz Steinwender